Kon-Tiki: Grillen mit Kohleproduktion statt -verbrauch

Industriell hergestellte Pflanzenkohle wird in den nächsten Jahrzehnten vermutlich zu einem der entscheidenden Rohstoffe der biobasierten Wirtschaft. Die einzige Chance, kostengünstig Pflanzenkohle zu erhalten, besteht darin, dass Landwirte und Gärtner ihre eigene Pflanzenkohle aus den eigenen vor Ort anfallenden Reststoffen herstellen. Nur dann kann Pflanzenkohle am Ende lokaler Nutzungskaskaden wieder zum Grundbaustein humusreicher Böden werden.

Vom Grundprinzip rauchlosen Feuers

Wir entwickelten das Kon-Tiki, ein nach oben hin offenen, konischen Meiler zur Herstellung von Pflanzenkohle. Wenn frühere Völker in Südamerika, in Australien, Skandinavien, Palästina, China, ja eigentlich fast überall auf der Welt solch unvorstellbare Mengen an Holz- und auch Pflanzenkohle herstellen konnten, dass ihre Böden teils durch und durch schwarz wurden, so muss dies auch heute gelingen können. Wir sind gedanklich zunächst zu den rauchlosen Feuern der Vorfahren zurückgekehrt und haben dies mit den Beobachtungen der Archäologen kombiniert, dass nämlich die Schwarzerde häufig in deutlich abgegrenzten Kegelformen mit einem oberen Durchmesser von 2–3 m und einer Tiefe von 1m50 in den Bodenprofilen zu finden ist (Eckmeier et al., 2008; Gerlach et al., 2006).

Abb.: Typischer Profilschnitt eines Bodens westlich von Köln. Unter den oberflächlichen Lockersedimenten befindet sich ein Schwarzerdehorizont mit anbindenden bis zu 2m tiefen Schwarzerdegruben mit hohem Holzkohleanteilen (aus: Gerlach et al. 2012).

Zunächst vermuteten wir, dass die ausgehobenen Erdkegel Müllgruben waren, die, wenn sie aufgefüllt waren, von oben nach unten niedergebrannt wurden, um dann wieder aufgefüllt zu werden. In einigen Fällen wird das so gewesen sein. Aber was, wenn diese Kohlegruben als gewollte „Gefäße“ zur Pyrolyse verwendet wurden, und die seitlich sowie nach unten geschlossene Form dieses „Feuerloches“ verhinderte, dass sauerstoffreiche Luft von der Seite einströmen konnte?Abb.: Kristallklares Quenchwasser ist das beste Zeichen für einen sauberen Pyrolyseprozess.

Kon-Tiki Pflanzenkohle, die mit Wasser abgelöscht wird, erfüllte alle Ansprüche an die Premiumqualität des Europäischen Pflanzenkohle Zertifikates (EBC). Das offene Pyrolyseprinzip garantiert, dass der größte Teil der Pyrolysegase aus der Kohle ausgetrieben und verbrannt wird, also nicht in Form von teils toxischen Kondensaten die Kohleoberflächen und Poren verklebt. Durch die langsame Ablöschung mit Wasserdampf wird die Pflanzenkohle noch zusätzlich gereinigt und aktiviert.

Die Pyrolysetemperatur liegt im Kon-Tiki bei etwa 650-700°C mit kurzzeitigen Temperaturspitzen bis zu 800°C. In diesem Temperaturbereich wird die Biomasse einschließlich ihres Ligninanteils vollständig verkohlt. Es entsteht eine Hochtemperaturkohle von hoher Qualität, die sich insbesondere in der Tierhaltung als Zusatzstoff für Futtermittel, als Einstreu, zur Güllebehandlung, für die Kompostierung, zur Trink- und Abwasserbehandlung und allgemein zur Bindung von Toxinen und flüchtigen Nährstoffen eignet. Weniger geeignet ist die Kon-Tiki-Pflanzenkohle zum direkten Einsatz im Boden, da sie als Adsorber vermutlich die labilen Nährstoffe des Bodens und Signalstoffe von Pflanzen binden würde. Vor dem Einsatz als Bodenverbesserer muss die Pflanzenkohle aus dem Kon-Tiki also unbedingt zunächst mit Nährstoffen aufgeladen werden.

Für ein Kompostwerk wurde ein Riesen-Kon-Tiki gebaut, um große Wurzelstöcke mit minimaler Zerkleinerung zu verkohlen. Zudem entwickeln wir derzeit kleiner dimensionierte Kon-Tikis für Hausgärten, um direkt vor Ort anfallenden Grünschnitt und organische Abfälle zu Pflanzenkohle zu verarbeiten und die Grillsaison zu bestreiten – mit Kohleproduktion statt Kohleverbrauch!

Quelle: Hans-Peter Schmidt und Paul Taylor, http://www.ithaka-journal.net/kon-tiki-die-demokratisierung-der-pflanzenkohleproduktion?lang=de